#instarama: Was Millionen Instagram-Daten über uns verraten
Was essen wir? Wie leben wir? Wen lieben wir? Analysiert man die Milliarden Fotos, die Instagram gespeichert hat, bekommt man Antworten auf die ganz großen Fragen. Über Instagrams API haben wir etliche Gigabyte Daten gezogen und ausgewertet. Hier das Resultat.
Text und Kontept: Tin Fischer – Code: David Goldwich – Illustration: Ole Häntzschel
Instagram ist ein Netz aus Millionen von Kameras, die aus nächster Nähe überall draufhalten, wo das Leben tobt. Wie ein Paparazzo ist Instagram dabei, wenn man #feiern geht oder #betrunken wird. Instagram speichert die Reiseerinnerungen der #backpacker und dokumentiert, wie der #babybauch heranwächst und der #biceps im Fitnessstudio anschwillt. Instagram weiß, wann man #krank im Bett liegt.
In kaum einem anderen Sozialen Netzwerk machen die Menschen so viele private Informationen öffentlich.
Wer wissen will, wie sich junge Menschen heute sehen und wie sie gesehen werden wollen, sollte die Milliarden Bilder, die auf Instagram zu sehen sind, analysieren. Deshalb haben wir, ein Journalisten und ein Informatiker, ein Programm entwickelt, mit dem es möglich ist, über Instagrams API sämtliche Meta-Daten zu öffentlich zugänglichen Fotos herunterzuladen. Wir haben Hunderte Datenbanken angelegt und etliche Gigabyte an Material von Instagram heruntergeladen und analysiert. Zum Beispiel, welches die #regenbogen-reichste Jahreszeit ist (Grafik oben; Daten von 2013+204).
Diese Grafik-Strecke entstand für das Magazin NEON. Auf deren Blog findet ihr einen kleinen Hintergrundbericht zum Thema sowie ein Making-of.

EINES DER BELIEBTESTEN MOTIVE der Instagrammer sind sie selbst – besser: ihr Körper. Es besteht allerdings ein großer Unterschied dazwischen, welche Körperpartien wir selbst mit einem Hashtag markieren (#hair) und welchen Anblick andere mit einem Like belohnen (#biceps). Die meisten Likes kriegen Bikinifotos. Nebenbei erfärt auf Instagram auch, welche Tattoomotive und Nagellacke in sind. (Daten: Januar 2015)

DAS HERZ IST DIE WÄHRUNG von Instagram. Natürlich bekommen Prominente, die viele Follower haben, mehr Likes als Normalnutzer. Aber auch das Motiv entscheidet über die Popularität eines Fotos. Eine Katze bekommt im Schnitt fast doppelt so viele wie ein Hund, der Babybauch ist beliebter als die Bikinifigur. Die Zahl der Likes ist übrigens so hoch, weil manche Nutzer Zehntausende Likes bekommen. (Daten: 2013+2014)

IM RAUSCH VERLIERT man die Kontrolle. Aber der Rausch folgt auch festen Regeln. Fotos, auf denen man #sekt trinkt, tauchen gegen 21 Uhr auf. #gintonic trinkt man erst nach Mitternacht. Das #vorglühen hat um 21 Uhr Konjunktur. Und richtig #betrunken sind die Leute um 24 Uhr. (Daten: 2013+2014) – Diese Version der Grafik hat einen Fehler, es gibt keine #gintonic-Spitze nach Mitternacht, siehe dazu die Korrektur im Blog.

IM BERLINER CLUB BERGHAIN herrscht bekanntlich ein Fotoverbot. Wir haben die GPS-Daten der Fotos, die mit dem Hashtag #berghain markiert waren, analysiert. Das Verbot scheint zu funktionieren: Die meisten Besucher fotografieren sich in der berühmten Schlange davor. (Daten: 2013+2014)

JE MEHR HASHTAGS man verwendet, desto mehr Aufmerksamkeit will man für ein Bild. Wir haben geschaut, mit wie vielen Hashtags Subkulturen wie #emo oder #punk ihre Bilder im Schnitt versehen – und wie viele Likes sie dafür bekommen. Heraus kommt eine Grafik, in der Geltungsbedürfnis und Popularität von Jugendkulturen sichtbar werden. Die Emos schreien nach Liebe – und bekommen recht wenig zurück. Die Metaller kriegen ebenfalls wenig, aber scheint ihnen egal. (Daten: Januar 2015)

POPSTARS chatten auf Instagram mit ihren Fans. Hier sieht man ihre Lieblingsemojis (links), ihr Lieblingswort (gelb) und ihren populärsten Satz (pink) – und die häufigste Antwort ihrer Fans (weiß). (Stand: Januar 2015)

DIE KAMERA liegt neben Messer und Gabel auf dem Tisch. Unter dem Hashtag #foodporn zeigen Instagram-Nutzer ihr Menü. Hier haben wir analysiert, welche Nahrungsmittel am häufigsten neben #foodporn auftauchen – #chocolate ist fast doppelt so populär wie #salad. (Daten: Mai 2014)

ABER AUCH DIE Essenszeiten sind auf Instagram sichtbar: Suüddeutsche Nutzer (gelb) machen früher #mittagspause als Leute im Norden (pink). (Daten: 2013+2014)

EIN LIKE-BLOCKBUSTER ist das Babybauchbild, das die Mutter zusammen mit einem Emoji postet. Diese haben wir hier nach ihrer Häufigkeit angeordnet – gemischte Gefühle?

ES IST EIN MEDIZINISCHES RÄTSEL, aber am Wochenende liegen tatsächlich mit Abstand die wenigsten Instagram-Nutzer #krank im Bett. Funktioniert das Immunsystem besonders gut, wenn man eh schon frei hat? Die meisten Krankmeldungen gehen am Dienstag und Mittwoch bei den Arbeitgebern ein – aber das ist sicher nur der Stress. (Daten: 2013+204)

EINES IST INSTAGRAM nicht: Politisch. Die Social-Media-Revolution, die schon Regime zum Wanken gebracht hat, fällt auf Instagram aus. Die Frisur ist den Nutzern gut 200-mal wichtiger als Protest. (Stand: Januar 2015)

DAFÜR WISEN die Daten von Instagram, wann und wo die #selfiestick-Epidemie ausbrach – in Südostasien, wie es scheint. Die Karte zeigt alle Fotos mit Hashtag #selfiestick und Geotags von 2013 bis zur Explosion an Weihnahten 2014.
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