Ein weiterer Beitrag zur Frage: Who Are We? Diesmal anhand des Alkoholkonsums von Studenten und jungen Erwachsenen.
Die Glyndŵr University im walisischen Wrexham hat bislang nicht gross von sich reden gemacht. Diese Woche gelangen ihr aber doch eine Schlagzeile:
„Coffee shop culture rises as a Aberystwyth uni bar shuts“, titelte BBC News.
Was war passiert? Die Studentenschaft hat eine ihrer Bars auf dem Campus geschlossen. Und einer der Gründe sei gewesen, dass die Studenten immer weniger Bier und immer mehr Kaffee trinken würden.
Das Problem scheint nicht auf die kleine Uni in Wales beschränkt. Zitiert wird auf BBC News ein Bericht der Britischen National Union of Students:
It [der Report] said there had been a decline in the popularity of student union bars in favour of privately-run pubs, clubs and bars. But it also highlighted coffee shops as a „promising prospect“, adding that in order to increase sales of non-alcoholic drinks, students‘ unions would need to embrace the whole „coffee experience“. (BBC News)
Koffein statt Alkohol wollen die Studenten also. Und ich vermute, dass das nicht nur für Grossbritannien, sondern auch für Deutschland zutrifft (mit dem Unterschied, dass es hierzulande nie viele Studenten-Bars gab).
Der letzte linke Student wird nun sagen, dass das alles mit Bologna und dem zunehmenden Leistungsdruck zusammenhängt. Doch so einfach ist es nicht. Wir haben es eher mit einer lang anhaltenden historischen Entwicklung zu tun.
Ich hatte in einem letzten Blog-Post darauf hingewiesen, dass in keinem Land der Welt die Rate derer, die keinen Alkohol trinken, so niedrig ist wie in Deutschland. Was ich nicht erwähnte: In Deutschland trinkt zwar so gut wie jeder, jedoch immer weniger Junge tun dies regelmässig. Ausserdem soll sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der Teenager, die noch gar nie Alkohol getrunken haben, von 6 auf 12 % verdoppelt haben.
In einem Bericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung heisst es:
… bei jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren ist ein langfristiger und deutlicher Rückgang des regelmäßigen Alkoholkonsums zu verzeichnen. Die Anteilswerte haben sich von 67,1% im Jahr 1973 und 70,0% im Jahr 1976 auf 34,5% im Jahr 2010 in etwa halbiert. (Bericht)
Regelmässig heisst: „mindestens wöchentlicher Konsum mindestens eines alkoholischen Getränks innerhalb eines Zeitraum von einem Jahr.“
Grafisch dargestellt sieht das so aus:
Tranken in den siebziger Jahren, in der Generation unserer Eltern, noch 70 % regelmässig Alkohol, sind es heute mit 35 % gerade mal noch halb so viele (dass dafür das „Komasaufen“ extrem zugenommen hat, ist Bullshit; das Phänomen ist extrem randständig und die erhöhte Zahl von Jugendlichen, die wegen Alkoholmissbrauch ins Krankenhaus eingeliefert werden, ist schlicht darauf zurückzuführen, dass sie heute schneller eingeliefert werden).
Man möchte fast sagen: Der Alkohol, er gerät etwas aus der Mode. Ob das alles zugunsten von Kaffee und Koffein ging? Ich weiss es nicht, behalte die Augen nach entsprechenden Zahlen offen.
An der Glyndŵr University machen sie sich derweil an den Umbau ihrer alten Bar. „Bar“ – allein das Wort klingt wie aus einem 70er-Jahre-Italo-Western.