Für das Wochenendmagazin «Friday» von «20 Minuten» schreibe ich eine Kolumne – diesmal über die verachtete Kunst des Selfies:
Seit «Selfie» Wort des Jahres 2013 ist, wird der sich selbst Fotografierende verhöhnt. Das Thema Selbstportrait dient als Beispiele dafür, wie egoman unsere Zeit sei. Professoren warnen schon, dass wir nicht mehr ernsthaft miteinander reden, weil wir ständig auf die nächste Fotogelegenheit warten.
Es scheint nur noch einen zu geben, der den Selbstfotografen verehrt: Me, myself and I. Ja, ich bewundere Menschen, die mit lässig selbstbewusstem Blick und souveränem Lächeln in eine Kamera schauen können, am Bildrand vielleicht noch zufällig der Papst und dazu der Hashtag #beimirläufts.
Mein Leben bietet durchaus Kulissen für Selfies. Ich stehe schon mal auf Hochhausdächern und schaue BASE-Jumpern über die Schulter. Manchmal treffe ich Prominente. Doch gibt kein Foto von mir, das Freundinnen nicht entweder mit ratlosem «Hm» kommentieren oder das dazu führt, dass diese Freundinnen mir auch gleich ein Selfie ihres neuen Freundes zeigen – einem Rembrandt seiner selbst. Als Beispiel dafür, wie ich besser wirken könnte.
Letztens musste ich ins Fernsehen. In einer Talk-Show ein paar Sätze sagen. Es gab ein paar Millionen mehr Zuschauer als ich Facebook-Freunde habe. Ich hatte trotzdem keine Angst. Fernsehen ist grosszügig. Man darf viele Gesichtsausdrücke mitbringen. Ich sehe im Bewegtbild zwar etwas ritalinbedürftig, aber lebendig aus. Fotos hingegen fragen mich: «Wie gehts dir?» Sie wollen wissen, ob ich fröhlich oder wütend oder nachdenklich bin. Als wäre ich ein Emoticon. Ich weiss auf so was nie eine Antwort. Andererseits wäre es nicht schlecht, sich über seine Gefühlslage stets im klaren zu sein. Deshalb Vorsatz für 2014: Paparazzo meiner selbst werden.